Lycopodium - Der Schlüssel zu emotionalen Intelligenz

Lycopodium ist in der Literatur wunderbar beschrieben und das möchte ich hier nicht wiederhohlen. Dafür möchte ich auf einen bestimmten, seltener betrachteten Aspekt von Lycopodium schauen. Früher hieß es, Lycopodium sei hauptsächlich eines der Männer Polychreste, aber das stimmt heute immer weniger.

Aus diesem Grund möchte ich hier den Blick nur auf den Aspekt des Mittels richten, an dem es auf der Grenze zwischen zwei Welten steht, so wie der Farn entwicklungsgeschichtlich zwischen dem Bereich der "richtigen Pflanze" und den Moosen und Pilzen steht.

Der sichtbare Teil des Farns ist nur die eingeschlechtliche Phase der Pflanze, die nicht Frucht bringend ist (vielleicht wurde Lycopodium deswegen lange als ein Männer Polychrest angesehen). Der Blüte und Fruchtprozess, die zweigeschlechtliche Phase also, entwickelt sich abgetrennt. Während dieser Phase fällt der Farn auf die Pilzstufe zurück. Er hat so zu sagen die entwicklungsgeschichtlich früher angesiedelten Pilzstufe abgespalten, zu Gunsten dessen, zu einer richtigen Pflanze zu werden.  

Der Farn liebt die Kombination von Wasser in der Luft und Schatten wie es Nebelige Gegenden oder der Waldboden bietet. Er ist eine der ältesten Pflanzen der Welt, man findet ihn in vielen Versteinerungen, und er soll einst Mals Baum groß gewesen sein. Damals müssen für den Farn noch viel günstigere Bedingungen geherrscht haben, so dass er diese Größe erreichen konnte.

Rudolf Steiner sagt, dass er ein Gewächs ist das noch aus der Atlantischen Zeit stammt. Zu jener Zeit soll die Luft noch sehr wässrig gewesen sein, wodurch es allgemein schattiger war. Als sich dann Luft und Wasser trennten, kam es zur großen Sinnflut, und als das Sonnenlicht durch die geklärte Atmosphäre bis zum Erdboden durchdringen konnte, erschien der Regenbogen. Wenn man dieses ganze Geschehen in seiner Symbolik betrachtet, so hat sich damals das Wasser – das Gefühl, von der Luft – dem Geist, dem Intellekt getrennt, zu Gunsten dessen, dass dieser sich voll entfalten kann. 

Nun haben wir in Lycopodium ein Mittel, bei dem es genau um diese Spaltung geht. Lycopodium hat keinen Zugang zu seinen Gefühlen, zu seinem Bauch. Dafür ist es eines der intelligentesten Polychreste! Nach einer Lycopodium Verordnung kann sich der Zugang zu den Gefühlen wieder zeigen, und dies ist für den Patienten oft so neu und sensibel, als ob sie neu geboren wären. So erstaunt es auch nicht, dass eine häufige Folgeverordnung Pulsatilla ist, das Mittel das mit am Stärksten das Weiche, das Wässrige, das Gefühlskraft verkörpert.

Lycopodium ist ein Mittel das an dieser Grenze dient, dass so zu sagen noch den Schlüssel zu diesem Wässrigen Reich in sich trägt. (Es soll eine Lycopodium Blindverreibung gegeben haben, in der die Teilnehmer zum Schluss kuschelnd und sich streichelnd zusammen fanden, so dass man schon der Überzeugung war es müsse sich bei dem Verriebenen um eine Substanz wie Pulsatilla oder Muttermilch handeln.) Lycopodium hilft das Land des Bauches wieder zu betreten, das vom Intellekt aus gesehen oft so suspekt erscheint. Auch die meisten körperlichen Symptome von Lycopodium, spielen sich im Bauchraum ab, von Blähungen bis hin zu M. Crohn und Leberbeschwerden. 

Napoleon wird gerne archetypisch als Beispiel für Lycopodium genommen. Ein kleiner Mann, der sein ganzes Leben damit verbrachte über Grenzen zu gehen um neues Land zu erobern und auf den Abbildungen immer mit der Hand auf dem Bauch oder der Leber zu sehne ist, als wolle er auf seine Schwachstelle hinweisen oder sie schützen. Lycopodium steht auch in Zusammenhang mit dem Thema in seine eigene innere Größe gehen. Wenn man eine Hälfte von sich abgespalten hat, kann man natürlich schlecht in seine volle Größe gehen. Und vielleicht, wenn es Napoloen zu Lebenszeiten gegeben gewesen wäre, seinen Bauch zu integrieren, seine Gefühle zu erobern, dann hätte er vielleicht nicht weiter seine Größe im Außen behauptet müssen. 

Ich möchte noch mal auf den Dienst von Lycopodium, den es an der Grenze zwischen den zwei großen Reichen vollbringen kann, hinweisen, aber auch darauf, dass das nicht bedeutet dass Lycopodium der Fürst beider Länder ist, so wie das Reich Napoleons zusammenbrach nach dem er sich selbst zum Kaiser krönte. Das soll im homöopathischen Sinne bedeuten, dass für den Umgang mit dem feuchten- schattenhaften Reich oft andere Mittel angezeigt sind.

Bei den anfangs erwähnten lycopodischen Frauen findet sich im Prinzip das gleiche Thema in der Form, dass z.B. der mütterliche (der fruchtbringende) oder ein anderer tiefer weiblicher Teil der Frau abgespalten wurde zu Gunsten einer Stellung oder eines Status der mehr von intellektuellen Werten motiviert ist. Lycopodium kann dann der Schlüssel zu dem abgespaltenen Reich sein, aber die tiefe Einweihung und Wiedervereinigung mit ihrer weiblichen Kraft wird sie meist in der Folge durch ein anderes homöopathisches Mittel, eine gute Intervention oder das Leben erfahren.

Autorin: Johanna S. Dost

2006